2021

Zwei Jahre Projekt Bodenheilung

Mein Blick schweift über die Wiese, die unter dem leise darüber hinwegschwebenden Morgennebel saftig grün sichtbar wird. Dort, wo die morgendliche Sonne hinscheint, steigt dampfend der Tau hoch, an den schattigeren Stellen glitzern silbern die Tautropfen. Wo noch vor 2 Jahren trostlose Monokultur herrschte, breitet sich nun lebendige Vielfalt aus.

Jahrelang mussten wir zusehen, wie schwere Trakoren, Pflüge und Mähdrescher in regelmäßigen Abständen unser Nachbargrundstück malträtierten.   Als wir im Oktober 2019 endlich die Gelegenheit bekamen das Nachbargrundstück zu kaufen, wurde dies dank großzügiger Leihgeldgeber möglich. Ein Traum für uns wurde wahr, das Projekt Bodenheilung konnte beginnen!

Viele Pläne und Vorstellungen dazu geisterten schon lange in unseren Köpfen herum. Als es dann endlich soweit war, dass das Stück Land uns gehörte, dauerte es noch ein wenig, bis ich endgültig realisiert hatte, dass wir nun beginnen konnten, dieses Fleckchen Erde wieder lebendig werden zu lassen. Noch im Spätherbst 2019 wurden die ersten Weidenstecklinge an der nördlichen Grundgrenze gesteckt und auf einem kleinen Stück Pferdeweidesamen gesät. Nach einem Jahr des Wachsens und Blühens hatten sich bereits viele Pflanzen und Tiere – teils ohne, teils mit unserem Zutun – auf den 1,5 ha Wiesenfläche angesiedelt.

Wie ist es nun im 2. Jahr weitergegangen?  

Die Sommerweide für unsere Esel und Ziegen wurde erweitert und weiterhin fleißig genutzt. Auch der Acker-Gemüsegarten wurde vergrößert. Hier war in diesem Jahr deutlich spürbar, wie ausgelaugt der vormals konventionell bewirtschaftete Boden war, denn nur dort, wo über den Winter kräftig mit Eselmist und Kompost gedüngt worden war, entwickelten sich die Pflanzen gut. Nun wird es die Aufgabe sein, den Boden im Humusbau durch Kompostieren und Mulchen weiter zu unterstützen. 

Gerade wird ein langes Hügelbeet aus Strauchschnitt, Grünschnitt, gejätetem Unkraut und Eselmist aufgeschichtet, das im nächsten Jahr den Kürbissen eine gute Grundlage geben soll. 

Die im Vorjahr gepflanzten Bäume mussten vor Rehen und Ziegen von einem Zaun geschützt werden, denn allzu gern machen sich die Vierbeiner über die Obstbäume her. Daher gibt es seit einem Monat eine eingezäunte große Streuobstwiese, die durch Entfernung des vormaligen Zaunes zum Acker mit dem Gemüsegarten verbunden wurde und nun eine schöne Einheit bildet. Als wunderbarer und im nächsten Jahr hoffentlich blühender und duftender Nebeneffekt wird entlang des Zaunes eine Blühhecke aus verschiedenen Rosen und Sommerflieder gepflanzt. Bis auf eine einzige Ausnahme wurden alle Pflanzen aus Stecklingen gezogen. 

Aus Weiden wurde kreisförmig ein zukünftiges Weidenhaus gesteckt. Wie die Obstbäume leiden auch die Weiden sehr unter unseren gefräßigen Vierbeinern, sodass wir auch dieses einzäunen müssen, wenn wir sein Überleben und Anwachsen sichern wollen. Noch ein Zaun? Wir überlegen noch …   

In diesem Jahr gab es schon viel wunderbares Juni-Heu für unsere Esel, langsam weichen die großen Disteln dem zarteren Gräsern und Blumen. Im Sommer springen unzählige Heuschrecken durchs Gras, Gottesanbeterinnen, Wespenspinnen und allerlei andere Insekten tummeln sich in der Wiese, Bienen und Hummeln sammeln fleißg den Nektar der Blumen. Scharen von Stieglitzen freuen sich über Disteln und Cosmea und langsam wühlen sich auch die Maulwürfe immer weiter ins Gelände.

Immer wieder, wenn ich über das Gelände spaziere erfüllt mich Freude darüber, dass dieses Fleckchen Erde wieder atmen und leben darf, ohne auf Gewinnmaximierung hingequält zu werden. Gerade jetzt im Herbst, wenn in der Gegend nahezu Tag und Nacht die riesigen Mähdrescher und Traktoren mit ihren schweren Pflügen unterwegs sind, empfinde ich eine große Dankbarkeit dafür, dass „unser Acker“ davor verschont bleibt.

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Renate Sprügl

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