Die Lernmanufaktur

NEWSLETTER November 2021

Novemberstimmung

Es wird kälter, dunkler und enger. Herbstnebelverhangene graue Tage drücken auf die Stimmung und es gibt Tage, an denen wir am liebsten nur vor dem warmen Ofen sitzen würden. Dunkel wird es sowieso schon sehr früh und mittlerweile stehen fast alle Bäume nackt und ohne Laub da, erinnern uns an die Vergänglichkeit alles Lebendigen.

 

Dies ist die eine Seite des November. Doch wer genau hinsieht, entdeckt an ebendiesen laublosen Bäumen schon die runden Blattknospen, die uns zeigen, dass das Lebendige nicht schwindet, sondern sich nur nach innen zurückzieht. Dort kann es sicher und geborgen wachsen und reifen, um dann im nächsten Frühjahr mit neuer Kraft umso lebendiger hervorzubrechen. 

Im zu Ende gehenden Jahr können wir uns noch auf eine Veranstaltung freuen, die - so hoffen wir - stattfinden kann, nämlich unsere traditionelle "Jahresabschlusswanderung", zu der wir uns diesmal am 30.12. treffen. Eine gemeinsame Wanderung durch die freie Natur soll uns Kraft und Zuversicht geben für das kommende Jahr.   

Viel beschäftigt uns - und seit etwa 20 Monaten umso intensiver - die Frage, wie wir es schaffen können in dieser wahrhaft ver-rückten Zeit, bei uns zu bleiben, den eigenen, inneren Kompass der Menschlichkeit nicht irritieren zu lassen von einem sich immer schneller drehenden Karussell von Fakten, Gegenfakten, "Maßnahmen", Verordnungen und Meinungen, die aufeinanderprallen. Ein dünnes Büchlein, der Abdruck eines geplanten Vortrages "Gegen die Verschmutzung des ICH" von Jacques Lusseyran gibt uns in dieser Hinsicht wertvolle Hinweise. Näheres darüber in unserer Rubrik "Lesenswert".

Und weil es so gut dazupasst und jetzt die Zeit zum Lesen und Nachdenken ist, sei auch gleich noch auf ein zweites, in unserer Leseecke vorgestelltes Buch verwiesen: "Mephistos Lektionen. Wie das Böse im Individuum und im Sozialen wirkt." Wie kann ich aus dem Teufelskreis eines Konfliktes aussteigen? Wann ist es Zeit, "Stopp" zu sagen, wenn ich eine Situation mit Unbehagen beobachte? Warum lassen sich Menschen so leicht zu Zusehern und damit à la longue auch zu Mittätern unmoralischer Handlungen degradieren? Diesen und weiteren wichtigen Fragen geht der angesehene Konfliktforscher Friedrich Glasl in seinem Buch auf den Grund. Der Verlust der Selbststeuerung in Krisensituationen wird als eine Treiberkomponente von Konflikten genannt und somit regt das Buch - gerade unter den derzeitigen Umständen in unserem Land - heftig zum Denken an.

Es fällt mir schwer, in diesem Newsletter heitere Zuversicht und Lebensbejahung zu verströmen, denn das, was derzeit in unserem Land geschieht, macht mich fassungslos und zutiefst traurig. Weite Teile der Bevölkerung werden beinahe unwidersprochen ihrer Grundrechte beraubt und von Politikern zu Schuldigen ernannt, der Bildungsminister spricht öffentlich davon, das Mobbing unter exakt definierten Voraussetzungen ja durchaus in Ordnung sei und bald schon soll allen Menschen in diesem Land das Recht auf Selbstbestimmung über ihren eigenen Körper genommen werden. All das begleitet von einer gleichgeschalteten Medienmacht, die offenbar vergessen hat, was vorurteilsfreie Berichterstattung ist. Der Aufschrei dagegen - sowohl im Land als auch außerhalb - ist angesichts der Tragweite dieser Geschehnisse zwar vorhanden, aber noch immer traurig leise.

Ich kann es mir zwar erklären, warum das so ist, aber wirklich verstehen kann ich es doch nicht. Was geschieht da mit uns und wieso bemerken es nur so wenige, dass die Zustände, denen wir uns annnähern, wenig erstrebenswert sind? Eine stimmige Erklärung dafür gibt Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), der als Widerstandskämpfer gegen das Dritte Reich sein Leben verlor:

Bei genauerem Zusehen zeigt sich, dass jede starke Machtentfaltung, sei sie politischer oder religiöser Art, einen großen Teil der Menschheit mit Dummheit schlägt. Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen. Der Vorgang ist dabei nicht der, dass bestimmte - also etwa intellektuelle Anlagen des Menschen - plötzlich verkümmern oder ausfallen, sondern dass unter dem überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung dem Menschen seine innere Selbstständigkeit geraubt wird und dass dieser nun darauf verzichtet, zu den sich ergebenden Lebenslagen ein eigenes Verhalten zu finden.

 

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