Baumkunde mit allen Sinnen

Das Vereinsgelände der Lernmanufaktur bietet den idealen Rahmen für ein Baumkundeprojekt: Den lichten Innenhof überragt eine riesige alte Linde, der Zeltplatz befindet sich unter einer mächtigen Eiche, den Waschplatz beschattet eine stolze 4-stämmige Esche und gleich vor dem Eingang begrüßt ein beeindruckender japanischer Schnurbaum die Gäste.

Damit sind nur die imposantesten VertreterInnen aus der großen Familie der Bäume genannt, denn rund um das Gelände gibt es auch Fichten, Kiefern und Kirschen ebenso wie Ahorn, Birken, Robinien, Pappeln, Erlen und Weiden und noch viele mehr, die bestaunt, beobachtet, ertastet und erfühlt werden wollen.

Nach der Methode des phänomenologischen Unterrichts geht es auch in der Baumkunde darum, die Schülerinnen und Schüler tief eintauchen zu lassen in die Welt der Bäume. Mit ihren eigenen Sinnen und ihrem eigenen Denken sind sie aufgerufen, Erkenntnisse zu gewinnen, indem sie zu allererst ganz genau beobachten und beschreiben: Wie sieht eine Birke aus, wie eine Eiche und wie eine Linde? Welche Gestik spricht aus dem Wuchs ihres Stammes und ihrer Äste? Wie bewegen letztere sich, wenn der Wind hindurchrauscht und wie spielt der Wind mit den Blättern? Gestalt, Wurzeln, Stamm, Rinde, Blätter, Blüten und Früchte, alles wird genauestens beobachtet und beschrieben.

Doch nicht nur mit Wort und Schrift, sondern auch mit dem Graphitstift und mit farbigen Kreiden werden Blätter und Gestalt der Bäume festgehalten, eine andere, intensivere Ebene des Beobachtens und Erkundens.

Eine weitere Dimension eröffnet sich den Lernenden beim Schnitzen der verschiedenen Hölzer. Wie anders ist es doch das Holz einer Linde, einer Birke, eines Apfelbaums oder einer Fichte zu bearbeiten! Manch eine/r verzagt schier am Beschnitzen des harten Eichenholzes und seufzt erleichtert auf, wenn ein Stück Kiefernholz unters Messer kommt. Diese Eindrücke bleiben fest im Gedächtnis verankert und ganz nebenbei werden Motorik und das Gefühl der Selbstwirksamkeit gestärkt.

Hinzu kommen die verschiedenen Gerüche und Klänge der Hölzer, zum Trinken gibt es frischen Lindenblütentee und mit etwas Glück sind gerade die Kirschen reif. Fürs abendliche Lagerfeuer wird im Wald Holz gesammelt, die Späne vom Schnitzen eigenen sich perfekt zum Anzünden des Feuers und dann  erzählt jemand die Sage vom Teufel, der der schönen Birke die weiße Rinde zerkratzt hat. Lernen mit allen Sinnen eben!

Als I-Tüpfelchen gibt´s noch allerlei Wissenswertes über Bäume und nach all den Erlebnissen bleibt davon auch vieles hängen. Doch das reine Wissen ist Nebensache. Vielmehr geht es in erster Linie darum, dass alle, die dabei waren, nun mit offeneren Augen durch die Welt gehen und neugierig geworden sind auf die alltäglichen Wunder, die es überall noch zu entdecken gibt.

Wer nämlich genau schaut entdeckt zum Beispiel, wie unterschiedlich die  Blätter einer Espe und einer Birke im Wind tanzen.

Schon einmal beobachtet? Es lohnt sich, genau hinzusehen!

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