Der Boden ist aufgeweicht vom vielen Regen, es ist neblig, kalt und nass. Nicht gerade das beste Wetter für einen Morgenspaziergang. Wir machen das trotzdem.
Denn wir haben auch einen guten Grund dafür: Minna und Willi, unsere zukünftigen Familienmitglieder warten bereits auf uns. Immerhin wohnen die beiden grauen Esel bereits im Ort, also können wir ihnen die nervenaufreibende Autofahrt zu uns ersparen. Der Vorbesitzer hatte nicht mehr genug Zeit für die beiden und hat uns gestern eingeladen, die beiden Esel anzusehen. Ihm wäre es am liebsten, wenn die Esel in der Nähe bleiben könnten, denn dann könnten seine Enkelkinder die beiden Grauen weiterhin besuchen. Dass wir sie gleich heute abholen kommen, liegt zum einen an der Liebe auf den ersten Blick – was bei Willis Verschmustheit nicht weiter verwundert – und zum anderen an der zeitlichen Möglichkeit.
Nachdem wir also heute gerade Zeit haben, eine morgendliche Wanderung zu machen, haben wir uns zu zweit auf den Weg gemacht. Natürlich mit reichlich Äpfeln im Rucksack, als kleines Bestechungsmittel. Denn wenn auch Esel manchmal stur sein können, ein Apfel weckt letztendlich doch ihr Vertrauen.
Willi, der etwas ältere der beiden, ist nicht besonders schüchtern und lässt sich schnell ohne Probleme aus dem Stall bringen, doch bei Minna ist das anders: sie steht am Stallausgang und muss erst einmal die Lage checken. Da hilft auch kein Apfel. Aber bevor ihr Kumpel Willi ohne sie auf und davongeht, wagt sie sich dann doch lieber auf fremdes Terrain. Das an der Leine gehen findet sie noch recht neu und dann auch noch auf der Straße! Bei jeder kleinen Veränderung des Untergrunds, muss sie stehen bleiben und diesen erst einmal genau inspizieren. Gefolgt von schnellen Rennphasen, denn man will ja nicht zurückbleiben. Dass sie Willi dabei manchmal erschreckt und er dann austritt, scheint sie eher wenig zu stören.
Gottseidank kann sie sich nach einiger Zeit dann doch beruhigen und fällt ein bisschen in den typischen Eseltrott. Einzig und allein Kanaldeckel sind beiden Eseln nicht geheuer: Um die wird ein großzügiger Bogen gemacht und bevor man bei denen auf dem Gehsteig geht, läuft Minna lieber auf der Straße, aber die ist zum Glück wenig befahren.
Wir begegnen unterwegs ein paar Pferden, die freundlich gegrüßt werden und dann, nach gut 2 Stunden sind wir schon fast am Ende unserer Reise.
Vier Eselköpfe wenden sich uns interessiert zu, als wir um die Ecke kommen: Was machen denn unsere Menschen mit diesen grauen Eseln? Skeptisch wird erst mal über den Zaun hinweg geschnüffelt. Kann man grauen Eseln trauen?
Auf der Weide müssen erst einmal die Grenzen geklärt werden. Uns Menschen sinkt ein bisschen der Mut, denn am Anfang sieht es so gar nicht danach aus, als würde die Herde sich zusammenschließen.
Über Weihnachten leisten wir Beziehungsarbeit: Gemeinsames Striegeln und Spazierengehen mit den beiden Oberhäuptern, Willi und Benjamin und dann noch ein zusätzlicher improvisierter Unterstand ist das, was wir dazu beitragen können, dass die Herde zusammenwächst.
Die Damen machen schließlich den Anfang. Selda und Minna haben etwa ein Jahr Altersunterschied und entdecken bald Gemeinsamkeiten und so sehr Minna Menschen gegenüber recht schüchtern ist, so offenherzig ist sie zu anderen Eseln. Willi hält sich immer noch ein wenig aus dem Herdengeschehen heraus. Er freundet sich lieber mit den zweibeinigen Eseln an, denn die streicheln ihn und gutes Futter bringen sie auch. Aber nachdem seine Freundin Minna die anderen Esel (und ganz besonders den schönen Benjamin) so gut leiden kann, findet auch er so langsam seinen Platz in der Herde. Dann sehen wir, wenn wir sie still und heimlich beobachten, wie sie gemeinsam Fressen, gemeinsam Ziegenbock Satan beobachten, wie er jenseits des Zauns auf dem Acker weidet, gemeinsam spielen und toben und letztendlich auch gemeinsam Schlafen.
Da fehlt dann nur noch eine Sache, wie wir es unseren Eseln noch schöner machen können: Ein Stall in dem sie alle wirklich genug Platz finden. Benjamin sammelt dafür schon fleißig Spenden, damit das Bauprojekt im Frühjahr starten kann. Wenn Sie unsere Esel ebenfalls unterstützen möchten, können Sie das hier, oder direkt über unser Vereinskonto unter dem Stichwort „DonkeyDonations“. Wir freuen uns über jede Hilfe die wir kriegen können.